Macondo-Festival 2006

Donnerstag, 09. November

20.00 Uhr, Theater unter Tage (TuT)

[Club der jungen Dichterinnen]

Nachdem der Abend mit drei jungen Lyrikern im vergangenen Jahr ein großer Erfolg war, lassen wir diesmal die Frauen zu Wort kommen. Drei Autorinnen, die zum Teil bereits mehrfach mit Gedichten in Macondo vertreten waren und zur Speerspitze junger deutschsprachiger Lyrik zählen, werden unter Beweis stellen, dass das Gedicht auch im 21. Jahrhundert begeistern kann.

Uljana Wolf

Pressestimmen:

"Ein Gedicht von Uljana Wolf zu lesen ist, als ob man arglos auf einen irgendwo herumliegenden Stein steigt und plötzlich mit dem Kopf in einem ungeahnten Zwischenreich steckt, einfach so." Sabine Franke, Frankfurter Rundschau

"magische Textkörper" Gabriele Killert, Die Zeit

"Als deutsch-polnische Grenzgängerin verschränkt Uljana Wolf [...] das Lebensgefühl ihrer Generation mit fremden Flurstücken - so der Titel eines Gedichtzyklus - zu einer intensiven Sprachlandschaft. In wenigen Strichen gelingt es ihr, die Essenzen ihrer Erlebniswelt traumhaft sicher in sprachliche Miniaturen zu fassen." Aus der Jury-Begründung zum Peter-Huchel-Preis

"Hier spricht eine lyrische Stimme, deren leiser Inständigkeit man zu folgen bereit ist." Michael Braun, Basler Zeitung

"Zu welcher Ausdrucksintensität die Autorin aber bei aller Tendenz zum Sagbaren, Diesseitig-Tatsächlichen, zu Witz und Verstand fähig ist, das führt sie in der kunstvollen Antithetik der Elegie ›kreisau, nebelvoliere‹ vor, einem mit der Sprache musizierenden Liebesgedicht. Spätestens jetzt wird nachvollziehbar, warum die Juroren des Peter Huchel-Preises mit ihrer Entdeckung ans Licht wollten und Uljana Wolf den diesjährigen Büchnerpreis der Lyrik zuerkannte." Sibylle Cramer, Süddeutsche Zeitung

Gedicht:

aufwachraum I

ach wär ich nur im aufwachraum geblieben

traumverloren tropfgebunden unter weißen

laken neben andern die sich auch nicht fanden

eine herde schafe nah am schlaf noch nah an

gott und trost da waren große schwesterntiere

unsre hirten die sich samten beugten über uns –

und stellten wir einander vor das zahlenrätsel

mensch: von eins bis zehn auf einer skala sag

wie groß ist dein schmerz? – und wäre keine

grenze da in sicht die uns erschließen könnte

aus der tiefe wieder aus dem postnarkotischen

geschniefe – blieben wir ganz nah bei diesem

ich von andern schafen kaum zu unterscheiden

die hier weiden neben sich im aufwachraum

Uljana Wolf, geboren 1979 in Berlin, wo sie auch lebt, studierte Germanistik, Anglistik und Kulturwissenschaft in Berlin und Krakau. Ihre Gedichte wurden in Zeitschriften und Anthologien in Deutschland, Polen, Irland und Weißrussland veröffentlicht, zuletzt in "EDIT", "Das Gedicht", "kursywa", "Poetry Ireland Review" und in "Lyrik von JETZT", DuMont 2003.

2003 erhielt Uljana Wolf den Wiener Werkstattpreis. 2004 verbrachte sie drei Monate im polnischen Kreisau/Krzyzowa als Mercator-Berghaus-Stipendiatin. 2006 wurde sie mit dem Peter-Huchel-Preis und dem Dresdner Lyrikpreis ausgezeichnet. "kochanie ich habe brot gekauft" ist ihr erster Gedichtband

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